Gefleckte Moose bunte Flechten schwanken
Um hoher Palmen fächerstarre Fahnen
Und zwischen glatten Taxusstauden ranken
Sich bleich und lüstern zitternde Lianen.
Gleich seltnen Faltern schaukeln Orchideen
Und krause Farren ringeln ihr Gefieder
Glitzernd von überwachsnen Wänden wehn
In Flocken wilde Blütenbüschel nieder.
Und kranke Triebe züngeln auf und leuchten
Aus jäh gespaltner Kelche wirrem Meer
Und langsam trägt die laue Luft den feuchten
Traumschlaffen Duft der Palmen drüberher.
Und schattenhaft beglänzt im weichen
Gedämpften Feuer strahlt der Raum
Und ahnend dämmern Bild und Zeichen
Für seltne Wollust frevlen Traum.
Ernst Stadler (*1883+1914)
(Bildnachweis: Stadler, Ernst, DLA, Thea Sternheim)
Stadler, Ernst: Im Treibhaus. In: Praeludien. Straßburg: Josef Singer, 1905.