Als Heswickers Erna das Licht löschte, um durch ihr Fenster besser nach draußen spähen zu können, hatte sie gerade noch darüber nachgedacht, warum eigentlich ausgerechnet in ihrer Stadt so viele Menschen lebten. Was taten die alle? Was ging in denen vor? Ging in den Köpfen der anderen überhaupt etwas vor? Wer dachte schon so wie sie im Moment an Gedanken anderer Menschen?
Nun blickte sie also durch das Fenster in die Nacht und hoffte, irgendwo ein Zeugnis von Intelligenz oder wenigstens Moral zu erblicken. Doch in dieser Nacht sah sie nichts anderes, als ihren Nachbarn, der sich hinterm Fenster gegenüber sorgfältig entkleidete um ins Bett zu gehen.
Er hielt dabei nicht inne, schämte sich nicht für seine Blöße, obgleich sein Körper auf Heswickers Erna keinen all zu makellosen Eindruck machte. Er ging einfach nur ins Bett und löschte sein Licht.
Ein tieferer Sinn schien dem allen nicht zu Grunde zu liegen. So wie er das Licht löschte, schien auch die menschliche Vernunft erloschen zu sein. Einfach ausgeknipst.
Leicht verwirrt legte auch sie sich aufs Kanapee und fiel in einen unruhigen Schlaf…
Im Traum saß sie auf einer Schaukel, die zwischen den Anhöhen des Harzgebirges aufgehängt war und schwang sich entlang der tief eingeschnittenen Täler von einem rauschenden Bach zu einem scharfkantigen Felsen und vom nächsten Tal bis hinüber zum Wildgehege an der alten Bode-Brücke. Dort sammelte sie einige Tiere auf und schwang mit ihnen weiter bis zum Großvaterfelsen in Blankenburg.
Einige Rehe, Osterhirsche und ein Platzhase entwischten ihr jedoch. Die verängstigten Tiere zogen sich unter die Brücke zurück um dort noch Generationen zu überdauern. Heswickers Erna bedauerte, dass sie nur einige Kleinsäuger um sich scharen konnte. Sie bettete sie nördlich des Großvaterfelsens ins Gras und legte sich zu ihnen um ein Gruppenfoto zu machen. Dann brannte sie sich eine Flasche Pernod und wachte ausreichend gestärkt wieder auf. Es begann ein folgenreicher Tag…