021 Waldeinsamkeit

 

Ach, in Gottes freier Luft

Draußen auf Berg und Halde

Noch besser tief, tief im Walde,

Nicht in Dom und Fürstengruft,

Ach, in des Waldes freier Luft.

 

Der Leib zerfällt, der Stein zerfällt,

Aber ein Wald der hält.

Und kommen nach dreitausend Jahren

Fremde durch den Wald gefahren

Und sehen geborgen vom Licht der Sonnen

Den Waldgrund mit Efeu besponnen

Und staunen der Schönheit und jauchzen froh,

So gebietet einer: lärmt nicht so!

Denn hier unten liegt Bismarck irgendwo.


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Foto vom alten Bismarck: https://www.ndr.de/geschichte/Otto-von-Bismarck-Erster-Reichskanzler-des-Deutschen-Reiches,bismarck234.html


Theodor Fontane (1819+1898)

Theodor Fontane

(Bildnachweis: Fontane, Theodor)

Fontane, Theodor: Wo Bismarck liegen soll: Stuttgart, Berlin: Cotta, 1905.

Das Gedicht erschien in der "Vossischen Zeitung" am 3. August 1898, vier Tage nach Bismarcks Tod am 30. Juli 1898.

 

Wo Bismarck liegen soll.

(Geschrieben am 31. Juli 1898.)

Nicht in Dom oder Fürstengruft,

Er ruh’ in Gottes freier Luft

Draußen auf Berg und Halde,

Noch besser tief, tief im Walde;

Widukind lädt ihn zu sich ein:

Ein Sachse war er, drum ist er mein,

Im Sachsenwald soll er begraben sein.“

Der Leib zerfällt, der Stein zerfällt,

Aber der Sachsenwald, der hält,

Und kommen nach dreitausend Jahren

Fremde hier des Weges gefahren

Und sehen, geborgen vorm Licht der Sonnen,

Den Waldgrund in Epheu tief eingesponnen,

Und staunen der Schönheit und jauchzen froh,

So gebietet einer: „Lärmt nicht so! –

Hier unten liegt Bismarck irgendwo.“