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034 Finden Sie Bains

Finden Sie Bains!


Es handelt sich hier um vieles, denn sich bei Texten auf das Wesentliche zu konzentrieren ist noch nie meine Stärke gewesen. Ich werde zunächst versuchen, die beteiligten Personen zu skizzieren.

Da wären zunächst einmal die zwei Professoren der Chemie, die sich wie aber eher wie zwei Moderatoren unterschiedlicher politischer Couleur beharkten, wenn sie nicht gerade wichtiges zu tun hatten. Da wäre des weiteren eine Sekretärin, Saskia, die allerdings erst nachher wegen ihres grob gearbeiteten Slips besonders wichtig wird. Dann wären da diverse vorbeihuschende Gestalten, ja und außerdem gab es noch diesen rastlosen Tausendfüßler, zumindest sah er wie einer aus.
Tja, und ich, der  Ich-Erzähler, der natürlich immer irgendwie mit involviert ist.
Die Athmosphäre würde ein guter Erzähler als nüchtern skizzieren.
Ich ging also – jetzt werde ich in groben Zügen die Handlung wiedergeben, nachdem ja nun die Personen bekannt sind, das Thema in der Überschrift erwähnt war und die Atmosphäre insgesamt als nüchtern skizziert wurde und auch so bleiben wird – in das Büro – ich nannte es so. Hier fand ich zwar die Sekretärin, aber noch nicht den oben beschriebenen Slip – der kommt später, wenn das Wichtige, die Pflicht also, erledigt ist –. Im Büro – ich nannte es so – befand sich außer Saskia noch die Verbindungstür zum Direktionszimmer in dem sich die beiden Professoren für gewöhnlich aufhielten und Nachrichten sowie Forschungsergebnisse entweder gemeinsam besprachen oder gleich in den Reißwolf gaben. 
Ich kann ihnen nicht sagen, warum ich an diesem Novembertag in das Büro ging, denn dass ich dort meinen Auftrag erhalten würde, gaben sie mir ja erst dort bekannt. Vielleicht war es Neugierde, vielleicht war es der Ruf der Sekretärin, die wegen ihrer extravaganten Slips im ganzen Institut bekannt war. Ich ging jedenfalls ins Büro. Da mir Saskia nichts sagte, obgleich sie mir zusagte, drückte ich die Türklinke zum Direktoriumszimmer nieder und stand vor einem Schreibtisch, gemeinsam mit Haber und Kriek, die mich erstaunt ansahen.
„Woher wussten Sie..?“ Ich sagte, ich wisse nichts und hätte bloß gedacht... „Sie kennen ihn also, na dann finden Sie ihn!“
„Wen jetzt?“, fragte ich, und um nicht ahnungslos zu wirken, fügte ich hinzu: „immer noch den selben?“
„Na, Bains! Das ist do bekannt!“, sagte Haber, „Na immer noch denselben!“, sagte Kriek.
„Aha“, dachte ich und „hm“, sagte ich. Ich verneigte  mich vor den beiden und schloß die Tür, um mein verwundertes Gesicht zu verbergen. Saskia – ihr Name stand übrigens auf einem kleinen Schildchen an der Bürotür – dies nur damit sich niemand wundert, woher ich sie kenne – blickte kurz auf und dann wieder auf ihren Schreibtisch, auf dem nichts lag als ihre Füße.
Da es so aussah, als wolle sie nichts sagen, sprach ich sie an: „Wann haben Sie Bains zuletzt gesehen, was trug er und wie  groß ist er?“ Nicht das ich Detektiv oder Polizist oder so etwas war, ich hielt es bloß für angebracht mich der Situation, in die ich geraten war möglichst gut anzupassen. Da sie nichts antwortete setzte ich mich auf einen Sessel, der in der Zimmerecke für die normalerweise wartenden Testpersonen bereitstand, falls es drinnen mit ihren Vorgängern etwas länger dauern sollte – nur, dass Sie sich beruhigen, ich habe dort zuvor niemals sitzen müssen und war auch niemals eine Versuchsperson – können wir jetzt weitermachen? Wie gesagt, setzte mich auf den Sessel und wartete. 
Am nächsten Morgen, Saskia war des Abends gegangen und erst vor zehn Minuten wieder erschienen, nahm sie mir die Decke, die ich mir aus weiß Gott welchem Winkel des Zimmers geholt hatte, um nicht zu frieren, vom Körper, erschrak zwar leicht, als sie mich nackt erblickte, doch fasste sie sich und wartete mit den weiteren Schritten bis ich mich angezogen hatte. Sie hätte mich ja nicht allein lassen müssen!
Als ich angezogen war, führte sie mich nach draußen um mir im Korridor ein Bild zu zeigen, dass ich nicht verstand. Eine rote Scheibe war auf einen grauen Hintergrund gemalt. Also besorgte ich mir Papier und Bleistift und ließ es mir erklären, nicht von ihr, sie war schon wieder im Büro verschwunden, aber es standen ja genug Leute auf den Korridoren herum, die wichtig aussahen, und also intelligent. 
Es gab nur zwei Sorten Menschen in diesem Institut. Diejenigen, die für die Tests herangezogen wurden und diejenigen, die die Tests durchführten, wobei die ersten sehr gebildet sein mussten, weil es so wenige von ihnen gab und demzufolge speziell für die Tests auserwählte sein mussten. Die anderen waren schon deshalb gebildet, weil nur sie die Tests leiten konnten. Außerdem liefen sie ständig in weiße Kittel gehüllt über die Flure. 
Einen solchen Weißkittel hatte ich abgefangen und über das Bild ausgefragt. Während er erzählte und erzählte und ich mir Notizen machte, musste es für alle vorbeihuschenden Gestalten so aussehen, als hätte er mit mir die Rolle getauscht. Denn – das ist ja klar – normalerweise hätte er Fragen stellen müssen und sich die Ergebnisse vermerkt. Bei mir war das natürlich alles etwas anderes, ich war ja der Ich-Erzähler.
Ich ging, jetzt, wo ich alles wußte, in das Büro – ich nannte es so – zurück und konnte an der Tür erlauschen, wie sich Haber und Kriek über mich unterhielten. Ich sei harmlos, verstand ich da und ich hätte russisch mit Haber gesprochen. Saskia sah mich an, wie sie mich noch nie angesehen hatte, nämlich drohend. Ich ging sofort von der Tür weg und setzte mich wieder auf den Sessel. Das war jetzt das zweite Mal innerhalb einer Woche und sehr bedenklich, am Ende würde ich so enden, wie alle hier.
Haber und Kriek kamen aus dem Büro, Haber grüßte Saskia, Kriek grüßte mich. Ich nickte stumm und folgte den beiden nicht nur mit meinen Blicken bis zur Tür sondern auch durch den Korridor. Das tat man hier wohl immer, deshalb bemerkten sie mich nicht.
Haber führte Kriek zu einer Höhle. Während sie liefen sprachen sie freundschaftlich miteinander. Es gab keinerlei Anzeichen von Zwist oder Neid. In der Höhle besahen sie die Wand, an der eine rote Scheibe angebracht war, so wie ich es auf dem Bild gesehen hatte. Als Kriek die Scheibe berührte bemerkte er, dass sie beweglich war. Ich konnte deutlich sehen, wie sie hin und her pendelte, wenn Kriek mit dem Finger daran rührte. Plötzlich tauchte ein schwarzer Fleck hinter der Scheibe auf. Er blieb auch, als die Scheibe auspendelte und wurde sogar größer. Er wuchs in die Länge. Als ich genauer hinsah, erkannte ich den Tausendfüßler – auf den alle Leser sicher schon geduldig oder ungeduldig gewartet haben, seit ich ihn am Anfang angekündigt hatte. Er biss Kriek in den Finger. Zumindest interpretiere ich seinen Aufschrei und das plötzliche Zusammenzucken seines Körpers so. Als er in sich zusammengesunken auf dem harten Boden der Höhle lag, musste ich mich vor Haber verstecken, der nun eilig die Höhle verließ. Natürlich würde er niemandem sagen, was passiert war und still und heimlich zurück in sein Büro gehen. Ich allein würde die ganze Sache aufklären können sobald die Polizei im Institut auftauchte. 
Ein wenig geriet ich in Aufregung und begann schon nervös herumzulaufen, bis ich mich dazu überredete ganz in Ruhe nachzudenken. Ich geriet ins Grübeln und vergaß darüber meinen Auftrag Bains zu finden. Ich legte mich in die Nähe des toten Kriek auf den harten Höhlenboden und schlief ein.
Am nächsten Morgen nahm Saskia, die erst kurz zuvor erschienen sein konnte, die Decke, die ich mir aus weiß Gott welchem Winkel der Höhle geholt hatte, um nicht zu frieren, vom Körper, erschrak zwar leicht, als sie mich nackt erblickte, doch fasste sie sich und wartete mit den weiteren Schritten bis sie sich ausgezogen hatte. Sie hätte mich ja nicht allein lassen müssen. Sie hätte mich ja begleiten können. 
Als sie so weit war legte sie sich neben mich und ich konnte ihren Unterleib spüren, den ich dann mit beiden Händen zu streicheln begann. Sie hatte einen eigenartigen Slip an, aus sehr groben Stoff. Es kam nicht dazu, dass wir uns liebten, es kam dazu, dass sie unter der Berührung meiner Hände einschlief und alles um sich herum vergaß, ihren Vorgesetzten Haber, ihren ehemaligen Vorgestzten Kriek, den Mord – der Tote lag wohl noch irgendwo hier herum – das Büro und sich selbst. Auch ohne dass wir uns liebten wurde es eine schöne Nacht, mit vielen mysteriösen Träumen. 
Am nächsten Morgen wachten wir gemeinsam auf. Es war kalt im Zimmer, Saskia stand zuerst auf. Ich konnte sehen, dass sie in der Nacht ihren Slip ausgezogen hatte. Erst da bemerkte ich, dass ich ihn in der Hand hielt. Saskia schloss das Fenster. Sie kam zurück zu unserem Bett. Ich schloss die Augen um mich dem Anblick zu entreißen, der mich sonst in den Wahnsinn getrieben hätte. So etwas durfte ich mir nur an Wochenenden erlauben. Saskia sagte „Hey, steh auf, du mußt zur Arbeit, Bains.“